© HJ Sommerfeld, Monarch-Obmann DUYC
© www.kreativquartier-ruhrort.de, Peter Jacques
Segeln auf dem Rhein? Das hört sich traumhaft an! Also den Veranstalter kontaktiert, die Voraussetzungen durch Mitgliedschaft im Marine-Regatta-Verein geschaffen und eine ‘geführte Segelreise’ auf dem Rhein gebucht.
In diesem Jahr von Düsseldorf über Wesel und Emmerich nach Arnheim, also gleich vor der Haustür im durch einige Motorbootfahrten bekanntem Revier. Der Monarch erfüllt mit YS 117 so gerade eben den Mindeststandard von Yardstick <=118, Kumpel Frank ist unerschrocken und als helfende Hand mit an Bord.
Die Vorbereitungen laufen -wie gewohnt- nach Plan: Auf den letzten Drücker sind Trailer und Boot startklar, ab zum Start in den Düsseldorfer Yachtclub. Man gibt zu bedenken, der Slip sei für unsere Jolle ungeeignet, der Autokran oversized und empfiehlt den kleinen Kran hinterm Clubhaus. Dieser läuft zunächst schräg auf Schienen den Deich hinunter. Das Boot eingehängt geht die wilde Fahrt abwärts. Der Kranführer versichert, mindestens 3 mal die Woche das Teil zu bedienen und hofft meine Zweifel so zu zerstreuen. Unten angekommen ein Ruck und der Monarch rutscht in den Gurten bedenklich nach vorne. Noch 2 Meter die Spundwand hinunter bis zur sicheren Wasseroberfläche. Das im Schneckentempo und mit aussetzender Funkfernbedienung… Als sei der Adrenalinspiegel noch nicht hoch genug, auch noch unnötige Eile beim Verhohlen an den Liegeplatz. Hier angekommen nur ein Gebüsch zum Festmachen und Aufriggen im einsetzenden Gewitterschauer. Klamotten aus dem Auto auf das Begleitschiff MS-Eureka und Stress für Frank im Stau auf dem Weg zum Trailerabstellplatz in Arnheim. An Bord der Eureka nur noch eine Platz im Gang vor Regattabüro und Klo zum Ausbreiten der Isomatten. Keine schöne Aussicht für geruhsame Nachtruhe, mein persönlicher Schlafplatz war fortan an Deck unter einem Tisch. Ganz fatal, beim Regatta-Heiligabend nur Altbier! Zum Glück an Bord bei den Holländer Köpi vom Fass und viel Spaß beim Erwerb der nötigen Wertmarken im bargeldlosen Automaten. Die Runde der erfahrenen Regattasegler der Piraten-Klasse bot reichlich Unterhaltung: Mein Wunsch, keine Horrorgeschichten zu erzählen, wurde großzügig ignoriert…
Am Samstag folgte dann der Ernst: Ordentlich Wind mit stürmischen Böen. Kollege Jan mit dem 2. Monarchen im Feld hatte ein 9qm Sturmsegel dabei, wir nur ein Flachreff aber dafür doppelten Ballast. Also als Letzte raus aus dem Hafen, rein ins Getümmel! Pünktlich um 10:30 über die Startlinie aber was ist das? Der Schuss fällt eine Minute nach unserem Passieren und wir sehen ein X vom Startkomitee. Im Nachhinein lernen wir, das X für Frühstart, der Pistolenschütze hat seine ganz eigene Vorstellung der Uhrzeit, der Profi nullt seine Uhr beim Ankündigungssignal. Letzteres haben wir in der Tat versäumt …
Wir drehen einen Kringel, Jan zieht an uns vorbei und ist nun unsere Orientierung. Die Monarchen laufen prima. Dann die ersten Böen: Wir luven ungewollt an, können durch fieren aber meist die Kontrolle behalten. 2-3 mal kommen sie so schnell, dass unser Reaktionsvermögen überfordert ist und wir Patentwenden hinlegen. Die Letzte bringt uns auf Legerwall vor einem Abwasserrohr: Raus aus dem Boot, abdrücken und schnell wieder an Bord, nicht, dass die Kiste ohne uns nach Arnheim segelt!
Die Aktion hat dummerweise eine Leine unglücklich im Ruder verklemmt: Ich bekomme das Blatt nicht mehr vollständig runter und wir beschließen am Luv-Ufer auf den Strand zu fahren und eine schnelle Reparatur durchzuführen. Zum 2. Male nasse Füße und erster Kontakt mit der DLRG, die sich nach unserem Befinden erkundigt. Alles ok, wir machen weiter!
In der Zwischenzeit verabschiedete sich das Tuch vom Verklicker. Die nächste Bö von achtern drückt den Monarchen in eine Welle, wir unterschneiden, laufen voll und kentern recht gemächlich. Alle Mann am Boot, halb im Wasser aber wohlauf. Ich taste mich vor in Richtung Kiel und muss ganz in den Rhein: Die Rettungsweste löst aus. Prima, auf die ist Verlass. Ein erstaunlich leichter Druck auf den Kiel genügt und der Monarch richtet sich mitsamt Kopiloten auf. Mein Staunen erklärt sich umgehend: Der Mast ist ab! Die DLRG ist gleich wieder zur Stelle, sammelt die im Rhein treibende Proviantkiste, Fender und Sitzkissen ein. Das Michelin-Männchen versucht derweil an Bord zu gelangen: Die Festmacher werden zur Badeleiter geknotet, Frank zerrt mich ins Wrack. Mast und Segel an Bord, Schleppleine zur Wasserrettung und raus aus der Fahrrinne.
Wir werden an MB Linda weitergereicht, die schleppt uns zum Mittag ins Etappenziel Eisenbahnhafen Ruhrort. Die Crew des Begleitbootes qualmt gemeinerweise eine Zigarette, ich stelle fest, Tabak und Feuerzeug sind aus der Jackentasche davon geschwommen. Ansonsten scheint die Bilanz positiv, nur das Handfunkgerät ist unauffindbar.
In Ruhrort werden wir mit ‘ist das ein Monarch’ vom anderen Ufer begrüßt. ‘Jau’ … ‘Ich habe noch einen Mast in der Scheune liegen’ … ‘Super!’. Aber erst mal auf die Eureka, Klamotten trocknen und wechseln, Mittagessen. Wir beschließen, genug Abenteuer für unsere erste Regatta. Das Boot können wir erst in Wesel kranen also die 2. Etappe schleppen lassen. Intuitiv habe ich eine 2. Rettungsweste eingepackt. Wir suchen erfolglos die Frau mit dem Mast, machen unser Boot klar. Praktisch: Der 3-teilige Mast passt hervorragend ins Boot. Ich höre immer Funk, Frank hört nichts und kann die Funke im Wuling auch nicht entdecken. Miri mit dem Mast ist auf Scheibe und hat ein Clubboot gekapert um uns am Südufer des Eisenbahnhafen aufzusuchen. Telefonnummern werden ausgetauscht. Wenn das nicht Glück im Unglück ist!
Zu siebt hängen wir schließlich an einer riesigen Motoryacht und nehmen unser Finale in Angriff. Ein Boot der DLRG ist -weil inzwischen ohne Schraube- mit von der Partie und der Bademeister an Bord nutzt seine Trillerpfeife gekonnt um Schlepper und Geschleppte auf Kurs zu halten. Die Mädels auf dem Piraten genießen Dosenbier, ich versuche erfolglos mit nassen Fingern das Zigarettendrehen. Dann wieder eine Front: Es regnet, stürmt, Wellen bauen sich auf, alle Besatzungen werden wieder pitschnass. Einzig die Leichtgewichte auf dem Piraten gleiten entspannt über jede Welle …
In Wesel angekommen schönster Sonnenschein. Ich freue mich über ein 3. Paar Schuhe, gewöhnlich nicht meine Art. Frank hat keinen Lust auf Flusskreuzfahrt, ich beschließe bis nach Arnheim auf der Eureka zu fahren und Wertmarken sowie Essensmarken aufzubrauchen. Der Trailer steht in Arnheim. Der Laser-Segler hat sich einen neuen Mast besorgt und will sein Auto wieder in in Holland abstellen. Eine Win-Win-Situation. Beim großen Aufräumen findet sich auch die Handfunke wieder: Im Vorpiek vor der Batterie vom Elektromotor hat sich das Teil versteckt. Im Gegensatz zu meinem alten Nokia auch wirklich wasserdicht. Mit dem Hafenmeister wird Liegeplatz und Slippen für Dienstag terminiert. Meine Freundin ist Empfangskomitee in Wesel und nimmt Segelkleidung und die ersten Trümmerteile mit. Am Abend ein Bierchen mit den Abschleppern von der ‘Linda’ und Absacker mit den Piraten.
Um 6:00 entgehe ich den holländischen Schlagern, dem Weckruf unseres Kapitäns, auf der Eureka und verhole zum Notliegeplatz. Da an Bord noch alle schlafen erbarmt sich Thomas von der ‘Kleine Möwe’ und spendiert einen Kaffee. Miri (mit dem Mast) steigt zu um ihren Mann Stephan auf der Monas anzufeuern. Zwischenstopp in der Reeser Schanz. Käpt’n Edwin manövriert souverän ins kleinste Loch und macht am Clubhaus fest. In Wirklichkeit ist es wohl umgekehrt: Die Eureka hat bestimmt das 6-8 fache Volumen des schwimmenden Vereinsheims.
Haarige Szenen an einer Baggerstelle. Ein Frachter ignoriert das Überholverbot und macht die Engstelle durch passieren eines Schubverbandes noch enger. Annäherung eines Seglers. Die ‘Rheinadler’ der DLRG Dinslaken fährt gekonnt dazwischen und steht als überdimensional Fender für alle Fälle zur Verfügung. Der Frachter gibt vollen Schub, der Segler muss den Schwell ausbaden. Begleitet wird die Regatta durch 2 Schiffe der Wasserschutzpolizei. Eines am Ende des Feldes, eines voraus. Jeder Berufsschiffer wird über Funk angesprochen und gebeten, seinen Kurs klar zu halten und gegebenenfalls das Typhon lang zu betätigen. Normalerweise sind die Binnenschiffer eher lautlos unterwegs und machen ihrem Ärger über Funk Luft. Bei der Regatta haben jedoch nicht alle Teilnehmer Funk an Bord geschweige denn die Muße, diesen zu bedienen. Die Segler sind den Berufsschiffen immer ausweichpflichtig und werden angehalten, niemals vor dem Bug der Frachter zu kreuzen.
Etappenende in Emmerich. Auch hier beweist Edwin sein Können und legt die Eureka auf den Millimeter genau neben das ebenfalls schwimmende Clubhäuschen. Besonderes Talent der Crew: Aus den vorhandenen Treppen und Gangways einen optimalen Zugang zu basteln. Sören legt mit dem Laser noch eine Showeinlage hin: Das Segel platt auf dem Wasser, wippt er sich artistisch unter der Trosse der Eureka hindurch um noch einen freien Liegeplatz zu ergattern. Der Applaus ist ihm sicher! Wegen der sehr kleinen Anlage des Vereins Siegerehrung und Party an Bord. Entgegen meinen Befürchtungen ob der Schlagermusik am Morgen eine exzellente Live-Band: Die ‘Rough Notes’ präsentierten feinsten Blues-Rock! Organisator Bernd spendierte eine Runde Pils, da habe ich gerne über die nassen Füße auf dem sich ins Wasser neigenden Ponton hinweggesehen: Inzwischen wusste ich ja, der Rhein hat angenehme Badetemperatur.
Letzter Schlag nach Arnheim: Die WSP musste an der Grenze stoppen, Rijkswaterstaat übernimmt. Die beiden Gierfähren auf dem Pannerdensch Kanaal werden mit Begleitbooten abgesichert. Ziellinie knapp hinter der Andrej Sacharovbrug. Die Eureka spendiert dem Zielgericht ein Eis und den Mitfahrenden ein packendes Duell zweier Klassengleichen unter Spinnaker: Kampf um Zentimeter! Alle an Bord applaudierten ausgiebig jedem Teilnehmer.
Harte Zeiten für die cat-getakelte ‘Nixe’ auf Vorwindkursen: Die Lumpensammler nerven mit ‘willst Du dich nicht schleppen lassen’. Aber Einhandsegler Jan hält die Monarch-Klassenflagge hoch und schafft es aus eigener Kraft ins Ziel.
Mein Deal für die Rückreise: Die ‘Kleine Möwe’ in praller Sonne abriggen und verladen, dafür eine aufregende Heimfahrt im kleinen Lada-Niva mit 7m Yacht im Schlepp. Dazu Krimi auf der Autobahn: Wieder in Deutschland, niederländische Zivilstreife und deutscher Streifenwagen nehmen den Übeltäter in die Zange, eskortieren auf den Parkplatz und bitten mit gezogener Knarre um die Papiere. Selten habe ich mich so auf ein Feierabendbier gefreut.
Der Tag danach: Slippen in Wesel. Wieder auf den Fluss, jetzt sicher auf der Rheinfähre Walsum rüber nach Orsoy. Miri und Stephan am Woltershof um Mast und allerlei weiteres Monarch-Zubehör erleichtern. Eine rundum tolle Veranstaltung geht zu ende.
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